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Es gibt ja diese kleinen Spielzeugpappdinger, mit denen man Worte zusammensetzen kann, zum Beispiel Schimpfworte. Das sind dann 3 oder 4 kleine Rädchen, an denen man drehen muß, damit sich in Fenstern die Wortteile zusammensetzen. Dann kommt dabei so was Putziges raus wie “Blöd-stink-gesicht” oder Ähnliches. Es ist höchst wahrscheinlich, daß die Verlage, die diese historischen Romane Jahr für Jahr herausbringen, solche kleinen Papprädchen für ihre Titel haben. Auf dem ersten Rädchen stehen dann Dinge wie “Die Frau”, “Der Weg” oder “Die Spur”, in der Mitte ist dann die passende Konjunktion eingedruckt, und dann kommen die Signalworte wie “Papst”, wahlweise “Päpstin” oder “Falke”. Kann man gut probieren: “Die Frau des Ritters” – exzellent! – “Die Frau des Papstes” – noch besser! – “Der Weg der Päpstin” – Erfolgstitel 2013.
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Manch einer mag sich noch an die “Edition Suhrkamp” erinnern. Da erschienen dann Titel wie Theodor W. Adornos “Minima Moralia” oder Thomas Bernhards Novelle “Ja”, und hübsch waren die Bändchen auch, der Schutzumschlag war vom Meister Willi Fleckhaus selbst gestaltet. Die Edition hieß nach dem Verleger, der setzte seinen guten Namen unter das Werk. Sozusagen eine signifikante Buchreihe. Heute ist die Hälfte des Random House-Standes mit Plakaten einer “Edition Heidenreich” tapeziert. Da gibt dann ein plaudriges Fernsehgesicht (“Meine beiden Leidenschaften: Musik und Bücher”) seinen Namen für Titel wie »Der stumme Pianist« und »Ich hänge im Triolengitter«.
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Die Mienen sind erwartungsvoll und die gut zwei Dutzend Menschen, in der Überzahl Frauen, blicken auf die Bühne eines ziemlich großen Standes. Sind das etwa die gleichen Büchermädchen, die in der Nacht zuvor im coolen Velvet die Glieder schwenkten? So ganz ist das nicht auszuschließen, aber auch nicht nachweisbar, schließlich war es da ziemlich dunkel. Auf der Bühne steht ein drahtiger Anfangsfünfziger in einem sehr blauen Hemd und hat ein Headset auf. Es ist Robert Betz, das kann man auf den Tafeln lesen, die überall hängen. Auf denen steht der Name und man sieht seinen Kopf. Das Headset fehlt, dafür hat er eine Brille auf, auf dem Bild. Eines seiner Bücher heißt “Willst du normal sein oder glücklich?” Das Geschäft scheint zu laufen, so große Stände hat sonst Bertelsmann oder so. Der glückliche Herr Betz sagt wirklich erbauliche Dinge: “Und wissen sie was, ich sage ihnen eins: Gefühle müssen gefühlt werden.” Das ist wirklich stark.
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Drei kleine Männer: Reinhold Messner ist ein ziemlich kleiner Mann, den man, flankiert von seinem Gefolge, im Getümmel fast übersieht. Eugen Ruge ist auch recht klein, nur hat der kein Gefolge. Immerhin hat er den Buchhandelspreis gewonnen für sein spätes Debüt “In Zeiten des abnehmenden Lichts” bei Rowohlt.
Ein gefeiertes Buch, sprachlich fein, aber wohl auch nicht so groß wie seine Lorbeeren. Vielleicht sollte man das im HHF besprechen. An dem geradezu winzigen Stand des Hamburger Instituts für Sozialforschung, der kaum mehr als eine Abseite ist, sitzt ein weiterer kleiner Mann mit Bart und Brille. Es ist zwar seltsam, aber Jan-Philipp Reemtsma zu photographieren, ist unmöglich. Zuviel Zurückhaltung.
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Alice Schwarzers beste Freundin ist Margarete Mitscherlich, das erzählt sie Frank Schirrmacher und einer großen Menschentraube am FAZ-Stand. Eva Mattes ist später dort, sie hat ein Buch geschrieben. Was wirklich schlimm ist, ist diese unglaubliche Mattesche Schauspielerinnen-Aura, die auch noch im Zwischengang zu spüren ist. Wie auf der Bühne bei Peter Zadek damals, nur Jahre später und näher dran.
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Ach, diese Engländer. Da haben sie zwar Jahrhunderte die Welt kolonisiert und ziemlich viele Sachen mit nach Hause gebracht. Aber Geschmack haben sie. Der Direktor des British Museum, Neil MacGregor, trägt einen grauen Anzug aus der Jermyn Street, Maßschuhe und entspricht auch sonst der Vorstellung des britischen Gentleman. Er plaudert gewitzt und gelehrt über sein denkwürdiges Geschichtsbuch “Die Geschichte der Welt in 100 Objekten”, ein so dicker Wälzer, daß er nicht auf den Coffee-Table paßt. Wie Dinge aus einem Museum ihre Geschichte erzählen, ist bemerkenswert und warum vorher noch keiner auf diese Idee gekommen ist, verwunderlich.
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Kleistjahr ist ja auch. Sogar im Fernsehen. Da gibt es einen Trailer auf 3Sat, der auf einen Kleistfilm zum Todestag hinweist. Schlußbild: Ein Mann, wohl die Kleistfigur, sitzt mit einem Laptop im Baum, dazu Kleistbriefe aus dem Off. Manchmal sind Spartenkanäle auch nicht das Wahre. Wobei das anschließnde Gespräch mit Adam Soboczynski und Günter Blamberger, beide mit Kleisttiteln auf der Messe, das reine Vergnügen an Kennerschaft und Eloquenz ist, sogar Moderatorin Tina Mendelsohn ist gut informiert.
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Zwei Tage nach der Piper-Party postet Matthias Matussek auf Facebook: “Was für ein schöner stiller Morgen!” Er ist in der Benedektinerabtei Maria Laach.
Ein paar der mitgebrachten Bücher
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Eugen Ruge:
In Zeiten des abnehmenden Lichts
Eva Mattes:
Wir können nicht alle wie Berta sein«:
Erinnerungen
Neil MacGregor:
Die Geschichte der Welt in 100 Objekten
Adam Soboczynski:
Kleist. Vom Glück des Untergangs
Günter Blamberger:
Heinrich von Kleist: Die Biographie
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