Naja, irgendwie hat sie ja Recht, die Berliner Kollegin Hatice Akyün. “Harry ist so eine coole Sau!” hat sie auf Facebook gepostet. Und tatsächlich raunt es beifällig beim royalen Public-Viewing im immer noch noblen Hamburger Hotel “Vier Jahreszeiten”, wann immer der jüngere der Windsor-Prinzen ins Bild kommt. Diesmal hat er auch die richtige Uniform (Blues and Royals Houshold State Cavalry) an und charmiert bübisch mit Bruder und zukünftiger Schwägerin – das kommt auch in der Hamburger Damenwelt an, die ja ansonsten immer noch britischer als jeder Londoner daherkommen möchte.
So ein Hotelmarketing lässt sich ja gerne etwas Besonderes einfallen, und da an einem Freitag Vormittag die Säle frei sind und damit das Personal nicht nur rumsteht, passt so ein Event (“Royales Hochzeitspackage”) auch ganz gut ins Programm und zudem ins herrschaftliche Erscheinungsbild des gediegenen Hauses an der Alster. Man hat sich mächtig englische Mühe gegeben, fein eingedeckt, auf der Paketkarte steht High-Tea und zwei Gläser Champagner inklusive, der Union Jack auf jedem Platz und zwei Leinwände, die natürlich die öffentlich-rechtliche und amtliche Hochzeits-Übertragung der ARD zeigen, sichern allen der ca. 120 Versammelten Plätze in erster und zweiter Reihe. Das kommt erst einmal gediegen daher, atmet recht anachronistischen Geist und elitäres Gehabe. Denkt man. Ist aber nicht so.
Denn die anglophilen Hamburger sind eben doch nicht so unlustig, wie sie immer dargestellt werden. Ein bisschen kostümiert sind viele, einige der anwesenden Damen sind großflächig behütet, die Herren im Anzug, so, als wäre man wirklich eingeladen bei Königs.
In bester Stimmung sitzen sie da im Rund vor den Leinwänden und haben eine Menge Spaß an der Sache, man spielt ein wenig Hofstaat, wenigstens im Rahmen der eigenen Möglichkeiten. Schon beim ersten Schnitt auf den in der Limousine heranrollenden Prinzen werden die Papierfähnchen zaghaft geschwenkt, die VW-Busladungen mit den adeligen Hochzeitsgästen natürlich despektierlich kommentiert und ab und an ploppt der Korken der nächsten Champagnerbuddel. Das Personal ist dezent wie bei Hofe und sorgt für stets volle Gläser. Rolf Seelmann-Eggebert kommentiert gewohnt sonor, das Kleid der Braut hat Style, ist aus dem Hause Alexander McQueen und später erfährt man – auch aus der Facebook-Gemeinde, die das alles viel, viel aufgeregter kommentiert – das Pippa “really IS a stunner!” … oh my god!
Bei all der virtuell-royalen Aufregung sind die Hochzeitspackage-Bucher dann aber doch nicht übermäßig monarchistisch echauffiert, man betrachtet das Ganze – siehe Kleiderordnung – eher mit hanseatisch-ironischer Distanz und erfreut sich an einem kurzweiligen Wochenausklang. Kurz vor 3 ist die Chose vorbei – es gibt noch eine hauseigene Verlosung, die Gewinner reisen naheliegenderweise nach St. Andrews und nach London und so mancher aus der Runde der Scheinadeligen fährt mit der U‑Bahn ins bürgerliche Heim. Im Gepäck ein hübsch dekoriertes Gebäck mit Verlobungsporträt obenauf. Und Frau Akyün werden vermutlich alle U‑Bahn-Fahrer unisono zustimmen – he is!
GROSSBRITANNIEN — Die Monarchie hält uns klein
Toynbee ist eine der angesehensten britischen Journalistinnen. In ihrem Kommentar für ZEIT ONLINE bittet sie die Deutschen, die Monarchie kritischer zu betrachten.
http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2011–04/britische-monarchie-kritik