Die Schauspielerin Leslie Malton kann englische Worte richtig aussprechen

Ein P. G. Wodehouse-Abend im Literaturhaus Hamburg

Es ist dieses Idiom, das zwis­chen Nasen­schei­de­wand und Schnei­dezäh­nen entste­ht, daß das sprach­liche Kostüm für die gemein­hin als  gelun­gen ange­se­hene Inter­pre­ta­tion englis­chsprachiger Texte liefert.

Wenn die im deutschsprachi­gen TV sozial­isierte Amerikaner­in Leslie Mal­ton (“Der große Bell­heim”) dieses oder jenes orts­beschreibende Orig­i­nalz­i­tat aus dieser phys­iog­nomis­chen Zone her­auskom­men läßt und dabei die Halsmusku­latur verspan­nt wie eine Ascot­la­dy mit zu schw­er­er Kopf­be­deck­ung, ist die Lei­den­schaft weit und die Aura der “British­ness” gewahrt. Das mag der Gedanke gewe­sen sein, die Schaus­pielerin für einen Abend mit Tex­ten des englis­chen Autors Pel­ham Grenville Wode­house zu beset­zen.

Dessen Fig­uren sind so ziem­lich genau das, was der anglophile Ham­burg­er zu schätzen weiß, skur­ril und clever die But­ler, stoisch und ein wenig tumb die Lord­schaften und alles in allem sehr amüsant. Ein Autor, an den es zu erin­nern lohnt, qua sein­er Erzäh­lkun­st und der gewandt-eigen­willi­gen Sprache.

Das ist auch die Idee der Rei­he, die das Lit­er­aturhaus Ham­burg seit einiger Zeit pflegt, abseits von aus­ge­trete­nen Pfaden für Lit­er­atur zu inter­essieren. Wode­house ist es sicher­lich wert, mehr beachtet zu wer­den, seine Fange­meinde im Com­mon­wealth ist groß, eine lobenswerte und hüb­sch aus­ges­tat­tete neue Edi­tion des Schweiz­er Klein­ver­lags Edi­tion Epoca macht die Entschei­dung, den Autor im deutschsprachi­gen Raum mehr zu lesen, sich­er ein­fach­er. Doch an der Präsen­ta­tion kann man noch arbeit­en, ganz sich­er.

Mus­cu­lus ster­n­oclei­do­mas­toideus bei der Arbeit (Bild: HHF)

Denn — die kom­plette Abwe­sen­heit ein­er auf irgend eine Art anre­gen­den Dra­maturgie dieses Abend – dröge abge­le­sene Ein­führung­s­texte des dazu gelade­nen, fre­undlichen Experten und FASZ-Wis­senschaft­sredak­teur Tilman Spreck­elsen im Wech­sel mit dem Vor­trag ein­er schlecht vor­bere­it­eten Schaus­pielerin – geschätzt, und sicher­lich über­trieben, säu­men 200 Ver­sprech­er ihren Weg – macht den wenig­sten Freude. Die pure Maske des “Englis­chen” reicht ein­fach nicht aus, Nasal hin, Schnei­dezahn her.

“Ja, aber auf Englisch wäre es bess­er gewe­sen”, war da anschließend im Pub­likum zu hören. Was zu bezweifeln ist, am deutschen Text lag’s gewiss nicht. Ein oder zwei Stun­den liebevolle Gedanken­bil­dung, wie man einen Autor darstellen kann, sind immer gut investierte Zeit. Die fehlte hier offen­bar.

Was ja nicht heißt, dass der Redak­teur Spreck­elsen, der sich ja offen­bar sehr für Wode­house inter­essiert, unkundig ist. Im Gegen­teil, Texte vor­wiegend aus dem auto­bi­ographis­chen Werk auszuwählen, weist ja auf gehobenes Textver­ständ­nis und echte Lei­den­schaft für sein lit­er­arisches Sub­jekt hin.

Es set­zt allerd­ings voraus, dass die Wode­hous­eschen Meis­ter­stückchen über den Haus­di­ener Regi­nald Jeeves und seinem Her­ren Bertie Woost­er hin­re­ichend beim Pub­likum bekan­nt sind. Sind sie das?

Die sind näm­lich komisch. Natür­lich ist es ehren­wert, deutsch und wichtig, auf die unglück­seli­gen Kol­lab­o­ra­tionsvor­würfe gegen den Wode­house des Jahres 1941 hinzuweisen. Aber das ist eben vor allem eins – akademisch.

An die Adresse der Ver­anstal­ter mag man da nur laut hinübertrompe­ten: “Mehr Lei­den­schaft! Mehr Begeis­terung!” Und vor allem: “Mehr Humor!”

Am 26. Juni gibt auf dem Kehrwieder einen weit­eren Wode­house-Abend anlässlich des Kro­n­ju­biläums der englis­chen Köni­gin – sagt die Pressemit­teilung. Da liest dann Nina Petri. Mal sehen, wie das wird, vielle­icht ja ganz lustig.

6 Kommentare

    • Lieber Rain­er Moritz, da wun­dern wir uns doch sehr über eine solche Reak­tion. Vielle­icht kön­nten Sie Kri­tik an Ver­anstal­tun­gen in Ihrem Hause auch als Anre­gung ver­ste­hen, sich auseinan­derzuset­zen und sich unter Umstän­den ein­mal her­aus­ge­fordert fühlen, etwas Anderes zu pro­bieren als das hier Gezeigte. Wir freuen uns unser­er­seits immer, wenn wir etwas Neues ent­deck­en kön­nen, auch und ger­ade in ihrem schö­nen Lit­er­aturhaus.

      • Nein, so ein­fach wollen wir es uns nicht machen. Nichts gegen Kri­tik, aber dieser “Artikel” ist durch und durch her­ab­set­zend. Wer den Ver­anstal­tern unter­stellt, sich nicht ein­mal ein oder zwei Stun­den Zeit für “Gedanken­bil­dung” (allein schon dieses blasierte Wort) genom­men hat, zeigt es, dass es um nichts weniger als Denun­zi­a­tion geht. Von den “200” Ver­sprech­ern ein­mal abge­se­hen. rmz

        • Mein lieber Herr Moritz, das ist vol­lkom­men unange­bracht. Pres­sev­ertreter als Denun­zianten zu beze­ich­nen, ist mir wirk­lich zu sehr LTI. Ich kann ja ver­ste­hen, dass das ein unge­wohntes Gefühl sein mag, wenn Ver­anstal­tun­gen des Lit­er­aturhaus­es nicht mit Kuschelbe­sprechun­gen und “Riese­nap­plaus” bedacht wer­den, aber so etwas kön­nen Sie dann in anderen Blät­tern lesen. So etwas machen wir nicht. Und das wird sich auch nicht ändern, auch wenn Ihnen das nicht passt.
          Ich bin jed­erzeit bere­it, eine gelun­gene Ver­anstal­tung zu bejubeln, wenn ich der Mei­n­ung bin, dass sie zu bejubeln ist. Diese war das eben nicht, die Näch­ste wird vielle­icht anders.

          • Ach her­rje — LTI … geht es auch eine Num­mer klein­er? Wir haben nichts gegen kri­tis­che Berichter­stat­tung und kön­nen damit gut leben, und natür­lich gibt es bessere und schlechtere Abende. Die Reak­tio­nen auf den Wode­house-Abend (ables­bar auch an so ein­fachen Din­gen wie der Applausstärke) sprechen — von der Ihri­gen abge­se­hen — indes nicht dafür, dass das Pub­likum einen schlecht­en Abend erlebt hat. Aber man braucht nur die Über­schrift oder die Bil­dun­ter­schrift Ihres Artikels zu lesen, um zu erken­nen, dass es nicht um Kri­tik, son­dern um Verunglimp­fung ging. Und wie gesagt: einem Mod­er­a­tor, der zu den gewis­senhaftesten sein­er Zun­ft gehört und ein Werk von ca. 90 Roma­nen zu resümieren hat­te, vorzuw­er­fen, er habe keine “Gedanken­bil­dung” auf seine Mod­er­a­tion ver­wandt, ist dreist und denun­zi­a­torisch.

          • Nein, es geht keine Num­mer klein­er, denn die Aufre­gung und das Wort “Denun­zi­a­tion” sind ja ganz auf Ihrer Seite. Dass Herr Spreck­elsen ein gewis­senhafter Arbeit­er ist, stellt ja auch nie­mand in Frage. Und es geht nicht um die inhaltliche Kom­pe­tenz dieses Mod­er­a­tors, son­dern um die Form des Abends, und die ist für mich ohne Zweifel ver­schenkt wor­den. Und genau das sagt diese Besprechung.

            Ihnen mag es ja genü­gen, wenn ein kundi­ger Men­schen seine Inhalte vom Blatt liest und jemand rou­tiniert Texte von sich gibt, mir genügt das aber nicht, zumal wenn man ein Pub­likum an einen so inter­es­san­ten Autor wie Wode­house her­an­führen will.

            Diese Art der Präsen­ta­tion ist lang­weilig, lang­weilig und nochmals lang­weilig, da nützt auch die inhaltliche Kom­pe­tenz eines Mod­er­a­tors nichts. Wie gesagt, die Rei­he ist ja wirk­lich ehren­wert, ich erin­nere mich noch gut an den The­len-Abend, den wir auch an dieser Stelle besprochen haben, da hat sich aber jemand ganz anders ins Zeug gelegt als hier.

            Es gere­icht Ihnen ja zur Ehre, dass sie ihre Pro­tag­o­nis­ten da vertei­di­gen wollen, aber diese Reak­tion ist wirk­lich mehr als unsou­verän. Dass ihr gewis­senhafter Mod­er­a­tor kein Tem­pera­ments­bün­del ist, dürften Sie ja auch wohl selb­st gemerkt haben. Warum muss denn span­nende und unter­halt­same Lit­er­atur der­ar­tig sediert serviert wer­den?

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