Ja, wir haben es hier mit einer Live-Aufnahme zu tun, das wird dem Hörer gleich von Anfang an durch den Auftrittapplaus deutlich gemacht, bevor dann das Klavierspiel einsetzt. Fjarill, das sind die gebürtige Schwedin Aino Löwenmark (Klavier und Gesang) und die Südafrikanerin Hanmari Spiegel (Violine und Gesang), die vor acht Jahren in Hamburg zusammentrafen.
Es wurden schon viele Bezeichnungen für ihre Musik verwendet, von Kammerfolk über Weltmusikpop mit Jazzeinsprengeln bis zu elfenhafter Musikfolklore und so fort. Wahrscheinlich passt aber einfach jede dieser Bezeichnungen, wenn man die Musik von Fjarill einordnen möchte. Im Frühling 2012 im Mozartsaal aufgenommen, ist die Platte “Live in Hamburg” schon eine Rückschau auf ihr gemeinsames musikalisches Schaffen, ergänzt durch ein paar neue Stücke. Sie sind dieses Mal nur zu zweit auf der Bühne mit einem Flügel, einer Geige und einem Cristal, einem Instrument, ähnlich einer Glasharmonika.
Die ersten beiden Stücke, “Andan” von Pilgrim (2008) und “Jag Lever” von Stark (2006), verweben sie hintereinander zu einer kleinen Rhapsodie. Für solche musikalischen Spielereien machen Live-Aufnahmen wirklich Sinn, denn so bauen die Stücke aufeinander auf und ergänzen sich. Wenn dann der Applaus erst leicht verzögert einsetzt, merkt man, dass das Publikum schon verzaubert zu sein scheint.
Doch durchbricht Aino Löwenmark die allzu andächtige Stimmung in der Mitte des Konzerts durch die überraschende Frage ans Publikum “Habt ihr Lust auf Rock’n Roll?”. Damit erheitert sie die Zuhörer aber eher, auch wenn sie sofort danach betont “wir können das nämlich sehr gut”.
Die lachenden Fjarill-Kenner im Publikum können es wohl schon erahnen, denn der Titel, der darauf folgt “Kom huis to”, ist nun wirklich kein Rock‘n Roll, aber ein kleiner wohltuender Bruch im Konzertprogramm in Form einer etwas flotteren Nummer.
Live scheinen sich die beiden wirklich mehr Raum und Zeit zu geben, um zu improvisieren und Klänge zu entwickeln. Und das zu dokumentieren war ja auch ihr Beweggrund diese Live-CD auf den Markt zu bringen. In dieser intimeren Atmosphäre kann sich anscheinend die musikalische Beziehung der beiden besonders gut entfalten.
Wenn dann auch Hanmari Spiegel in den Gesang mit einstimmt, entsteht hörbare Harmonie. Der Titel “Mormor” lebt von den verschiedenen Färbungen, die Aino Löwenmark mit ihrer klaren Stimme — mal sanft gehaucht mal stärker betont — intonieren kann. Und Hanmari Spiegels gekonntes Geigenspiel bekommt auf der Bühne mehr Platz als in den Studioaufnahmen. Gesungen wird überwiegend auf Schwedisch und charmant kommen die Übersetzungen daher, die Aino Löwenmark hier und dort mit sympathisch-angeschwedischtem Deutsch dem Zuhörer liefert.
Doch zum Ende der Aufnahme kommt der südafrikanische Einfluss bei “Ukuthula” (in Afrikaans das Wort für Frieden) noch einmal zur Geltung, und das Publikum wird dabei auch noch zum Mitsingen aufgefordert. Es erklingt ein wohlig-warmer Chorgesang des von den sphärischen Klängen durch den Abend getragenen Publikums. Wenn ich mir aber etwas wünschen kann, dann für die nächste Studioaufnahme von Fjarill auch mal etwas mehr Mut zur Improvisation und zum “Rock’n Roll”, auch ohne Zuschauer.
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