Da sitzt man so im Bauch von Hamburgs Theaterschiff, draußen Sturm und Schneegestöber, und drinnen fahren langsam die Lichter herunter. Dann entert der Gastgeber unter Johlen und Applaus die Bühne: Felix Oliver Schepp, selbst Schauspieler und Kabarettist, der im Laufe des Abends immer mal wieder am Klavier sitzt, mit seinen Gästen plaudert oder mit Kompagnon und Co-Initiator Olli Dreßen am Technikpult herumwitzelt. Seit 2012 machen die beiden auf der schwimmenden Bühne DAS SCHIFF ihr Format »Neues aus’m Unterdeck«.
Vier Künstler bekommen hier an jedem ersten Montag im Monat 15 Bühnenminuten, mit denen sie anfangen können, was sie möchten. Und so findet hier jenseits der Genre-Grenzen auch alles statt, was auf 2 x 2 Bühnenmetern Platz hat: Comedy, A‑Capella, Jazz, Poetry, Kabarett, Zauberei, Songs, Kurzfilme, Cartoons. Wie konnte uns das nur bisher entgehen? Es ist bunt, und es ist gut, und es ist ein bisschen wie ein Überraschungsei.
Ein Bierchen und viermal Neues, bitte
Eine Performance, in der eine Schauspielerin einfach nur da sitzt und uns anguckt, sich aufregt, wie furchtbar die Situation ist, dann wieder sitzt und guckt. Ein bärtiger, etwas grimmiger und dabei urkomischer Barde aus St. Pauli. Ein Comedian, der so unprätentiös daherkommt, dass man gar nicht weiß, wie es passieren konnte, dass man plötzlich mindestens 13 von 15 Minuten Tränen lacht. Und eine junge Frau am Klavier, die über die Glas-begrenzte Welt eines Goldfischs so verzaubert singt, dass man sich fragt, warum man eigentlich noch nie näher darüber nachgedacht hat, was ein Goldfisch so denkt.
Und während man so sitzt und entdeckt und auf dem Smartphone vielleicht schon Tickets für die Künstler bucht, die man gerade erlebt, stellt sich ein wirklich wohliger, dabei aber auch wirklich aufregender Gedanke ein: dass die Welt voll wunderbarer Menschen ist, die es zu entdecken gilt. Es ist beglückend. Eigentlich besser als ein Überraschungsei. Wir buchen noch auf dem Schiff Tickets für den bärtigen Barden Bätz und Comedian Martin Niemeyer. Die meisten, von denen man hier eine Kostprobe bekommt, haben demnächst in Hamburg einen Auftritt. Das macht das Publikum froh, weil es schon bald mehr von dem bekommt, was gefallen hat. Und die Künstler natürlich auch, weil sie bestenfalls nächstes Mal vor vollem Haus spielen.
Butter aufs Brot
In der Pause gibt es gratis Brot, gesalzene Butter und Gewürzgurken. Man kauft sich eine Flasche Bier dazu und freut sich auf die nächsten zwei Menschen auf der Bühne. Wenn man möchte, plaudert man mit den Künstlern. Wenn nicht, dann nicht. Um es kurz zu machen: Solche Formate braucht es. Sie engen nicht ein. Sie fordern uns heraus, ärgern uns auch mal, meistens aber machen sie glücklich. Sie lassen uns jenseits unserer bekannten Vorlieben Neues entdecken. Oder wie Schepp sagt: »So war ›Neues aus’m Unterdeck‹ immer gedacht: Bloß keine Schubladen-Erwartung erfüllen und unser Publikum maximal dazu inspirieren, sich auch mal Sachen anzugucken, von denen es vielleicht gar nicht mal gedacht hätte, dass es die gibt.«
Das ist am jeweils ersten Montag eines Monats perfekt platziert. Denn die Woche ist noch frisch und der Monat erst recht. Das nächste Mal »Neues aus’m Unterdeck« ist am 1. April. Kein Scherz.
Hinterlasse jetzt einen Kommentar