Eigentlich ist das ja genau das, was der gemeine Rezensent schon von Berufs wegen schrecklich finden muss. Wenn so munter in die Maschinerie gegriffen wird, die Züge nur so sausen, die Versatzstücke wirbeln, die Drehbühne rotiert und zu allem Übel auch noch gemalte Prospekte hängen, dann ist es Weihnachten auf der Bühne, auch in dem Theater, in dem ja überhaupt kein Spaß mehr sein sollte, weil es die arme Wurst des Hamburger Spielbetrieb ist. Die Rede ist vom Deutschen Schauspielhaus und schon bei den letzten Besuchen war ja allerorten die Verzweiflung der Post-Schirmer Ära spürbar und es wollte nichts Rechtes mehr gelingen. Nun also das Weihnachtsstück, man hat sich auf den guten alten Kästner verlassen und macht “Pünktchen und Anton”. Katharina Wienecke war mal Assi am Schauspielhaus, als es noch ein bisschen glänzender war und hat mit ihrem Dramaturgen Florian Vogel eine Spielfassung des beliebten Kinderromans gebaut, ein bißchen mit Musik garniert. Und das – wie soll man sagen? – “fluppt”. Sauberes Handwerk, gut erzählt, schicke Anschlüsse, und es rappelt im Ausstattungskarton. Man freut sich über jeden Szenenwechsel, wenn aus der schnieken Berliner Villengegend das miese Proletarierviertel wird und wenn aus dem tiefen Proszeniumsgraben ein liederliches Tanzlokal hochfährt, als sei’s der Hades persönlich, dann kann es nur Szenenapplaus geben. Das ganze Theater als Zauberbude, wie es früher™ einmal war – das wird goutiert, natürlich ist so eine Nachmittagsaufführung zur Weihnachtszeit voll bis unters Dach.
Die Geschichte wird schnell gemacht, das reiche Bürgerkind Luise alias Pünktchen befreundet sich mit dem armen Anton, in der Welt der beiden wird schön plakativ chargiert, Fabrikantenväter tragen Schnauzbart und Zigarre und der fiese Robert Mafia-Nadelstreifen und Schmalztolle, Antons Mutti hütet krank das Bett. Das ist nur einen Hauch ironisiert und auf dann den Punkt gebracht, wie’s sich gehört – das Timing ist glänzend. Das Ensemble hat offenbar Spaß an der Sache und macht alles mit. Gesungen wird – so ein bisschen knarzt es bei den Zwischenmusiken im ansonsten perfekten Zeitgebälk – auf hohem Niveau, die Kapelle spielt mit und am Ende wird die Welt ein wenig besser, weil der fiese Einbrecher Robert einen mit dem Schinken übergebraten bekommt und die arme Anton-Kleinfamilie mit in den Urlaub an die See darf. Den Fehler, in dem Riesenschuppen Schauspielhaus Mitmachtheater für die lieben Kleinen zu anzubieten, unterläuft Katharina Wienecke nicht und das ist wirklich gut.
Und jetzt, nachdem das alles vorbei ist, kann man ja mal drüber nachdenken, wie das mit dem Theater als Zauberbude so ist und ob das nicht mal ein Alleinstellungsmerkmal wäre für das “ernste” Fach – so eine gewisse Sehnsucht danach kann da schon mal aufkommen. Und man könnte so schön über das Ausstattungstheater schimpfen und sich wieder karge, echte Bühnen wünschen …
… was ja alles stimmt. Nur leider ist “Pünktchen und Anton” nicht “Post-Schirmer Ära”, sondern schon aus dem Winter 2009/10, also durchaus noch unter Schirmers Verantwortung ins Programm genommen. Trotzdem, inhaltlich bin ich ganz d’accord mit der Besprechung.
Klar, da hast du recht. Das steht da aber gar nicht so, sondern es geht mehr um die Stimmung im Hause nach dem Fall des unglücklichen Monarchen.
Hmm, habe bei diesem großen Suchdienst “Zauberbude” eingegeben und bin nun hier gelandet!?