Vor knapp einer Woche, am 11. Juli dieses Jahres 2014, starb der Jazz-Bassist Charlie Haden. Bassisten sind der Herzschlag dieser Musik, selten nimmt man sie richtig wahr, fast immer stehen sie im Hintergrund, bekommen ab und an ein Solo zugespielt, um zu zeigen, dass das grosse und schwerfällige Instrument auch “etwas” kann. Und dann tauchen sie wieder ab, um den Puls voranzutreiben, in den Hintergrund, ohne den es nicht geht im Jazz.
Charlie Haden war genau so ein Jazz-Herz, das vor allem die freie Szene der letzten Jahrzente maßgeblich geprägt hat. Der Berliner Bassist Jan Roder, seines Zeichens einer der führenden Vertreter der jüngeren Generation jener Bass-Elite im Zentrum der improvisierten Musik, hat sich ein paar Gedanken zum Tode eines Übervaters gemacht:
“Ja, über Charlie Haden wurde schon einiges losgelassen … er war er doch an so vielen die Geschichte des Jazz mehr oder weniger bewegenden Projekten massgebend beteiligt.
Ich denke da vor allem an seine Zusammenarbeit mit Größen wie Ornette Coleman, Carla Bley, oder aber auch die Trios mit Keith Jarrett, alles Meilensteine der Jazzgeschichte. Oder auch seine eigenen Projekte wie das “Liberation Orchestra”, sein Duos auf z. B. der “Golden Number”-Scheibe oder meinetwegen auch das etwas süßliche “Quartet West”.
Aus meiner Sicht spielte er eigentlich immer zum Vorteil der jeweiligen Musik, so stark war sein großer Ton, schön kräftig gespielt, aber oft sich gewisser Möglichkeiten beraubend, vor allem durch Saitenlage und Kraftaufwand.
Auch Timing und Intonation wurden uns, im Verhältnis doch so viel Jüngeren, immer wieder mal Gegenstand von “humorvollen” Eingebungen – aber wenn es doch so schön swingt und so schön klingt …?
Sollte man so etwas es nicht doch eher zum persönlichen Stil zugehörig begreifen? Immerhin, wer Charlie Hadens Stil kennt, erkennt seine Mitwirkung an Musikkonserven schon nach den ersten Tönen, sogar bei so populärem Zeug wie Rickie Lee Jones.
Das ist doch, was eine Stimme ist! Die Beschränkung auf ein gewisses Tonmaterial, in der Ausformung von Timing und Intonation immer nur den persönlichen Gegebenheiten entsprechend, statt im Technischen nach der Perfektion und Objektivität zu suchen, das ist für mich die eigentliche Musik, über das Ich die Auflösung des Ich zu erreichen …
Heute, mit all dem Streben nach dem Effekt, scheint nicht mehr so sehr die Zeit dafür zu sein, vielleicht war sie es auch nie, wer weiß … trotz alledem, Musiker wie Haden haben mit ihrem künstlerisch-individualistischen Beitrag dem Jazz geholfen, als Kunstform aufzutreten und nicht mehr “nur” als Unterhaltung …
Hören lohnt, immer wieder, mehr davon können wir gebrauchen. Danke.”
Das Erbe kann man hören [Amazon Partnerlinks]:
Quartett Squakk: Willisau & Berlin, 2014
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