Das mit dem Kindertheater ist ja immer so eine Sache. Sowohl für die Macher als auch für Erwachsene, die da mit rein müssen. Gut also, wenn man eine ausgeschlafene 6‑Jährige als Kinderrezensentin an seiner Seite hat, die für ihr Alter schon ziemlich oft im Theater war (“so 10mal”), schließlich ist sie ja die Zielgruppe. Das Altonaer Theater macht ja viel für Kinder, das ist lobenswert, die Premiere von “Hexe Lilli” ist einigermaßen gut besucht, das Stück, laut buntem Programmzettel für die Altersgruppe ab 5 Jahre gedacht. Hausherr Axel Schneider hat die Dramatisierung eines der Titel der erfolgreichen Kinderbuchreihe besorgt, “Hexe Lilli auf der Jagd nach dem verlorenen Schatz”, Hans Schernthaner hat’s inszeniert. So weit, so gut.
Die Kinderrezensentin schaut sich interessiert um. Auf der Bühne sieht man schon mal ein bißchen Bühnenbild, Lillis Zimmer. Irgendwann geht’s los, Lilli (Elena Meissner) im Clinch mit ihrem Bruder (Alexander Scala), das ist sehr munter und hat ein paar schöne Ideen in der theatralischen Umsetzung. Beide gehen auf eine Phantasiereise mit dem Schiff, Lilli ist die Kesse und veranstaltet allerlei Schabernack mit dem Geschwisterkind. “Einmal wo sie so gesegelt sind, fand ichs sehr lustig.”
Irgendwann ist das vorbei und ihre Teilzeitzauberei verunfallt die junge Dame an einen anderen Ort, den Offsounds nach ist das wohl so eine Art Urwald, was auch auf der Bühne zu erkennen ist. Ein bisschen gruselig ist das, aber das dient ja der Geschichte und Lilli findet das auch alles seltsam. Die Kinderrezensentin beisst sich auf die Lippe, aber ist gespannt. “Am meisten kann ich mich erinnern, dass die Hexe Lilli sich in den Urwald gezaubert hat. Und ich fand das gut, weil sie mal was Spannendes erleben. Für mich wär das nichts gewesen. Die Urwaldbühne fand ich nett, ich konnte mir das gut vorstellen.”
Dann tritt ein großer Papagei auf, sehr hübsch stakst da Achmed Ole Bielefeld über die Bühne, dann kommt ein Menschenaffe und macht Unsinn, schließlich trifft Lilli auf Eingeborene. Die haben braune Catsuits an, kraushaarige Perücken und sprechen gebrochen. Moment – sind wir hier nicht Altona? Im Stadtteil der linkswählenden Lehrer, deren Wunsch nach Political Correctness noch über die Liebe zum Barolo geht? Wundersam, da hat wohl der Integrationsbeauftragte nicht aufgepasst. Auch im weiteren Verlauf bleibt das so, die Neger sind ein wenig bescheuert und ziemlich kindisch. Die 6‑Jährige stört’s vorerst nicht, aber gemerkt hat sie’s schon. “Die haben ganz gut gespielt, besonders gut die Indianer und die Hexe Lilli. Der Papagei war sehr witzig. Die Indianer, die fand ich sehr sympathisch und auch lustig. Die haben auch son bisschen falsch rum geredet.”
Nun kommt der Medizinmann oder Schamane oder was auch immer auf die Bühne. Da haben sich die Ausstatter besondere Mühe gegeben, der Typ sieht wirklich schlimm aus. Maske, Riesenhände mit Krallen – die Kinderrezensentin verschwindet für einige Zeit unter Mutters Jacke.
Unruhe ringsherum. “Das Kostüm des einen fand ich gruselig, das mit der Maske, das war doof, aber die andren fand ich ok, ganz bunt. Die anderen Kinder haben sich auch gegruselt, ein Kind hat geweint. Ein anderes fand’s aber richtig schön.”
Die interkulturelle Begegnung findet dann aber trotz der Unterschiede statt, Lilli und ihre Begleiter marschieren los und haben eine Mission. “Dass sie ins Publikum gegangen sind, fand ich aufwendig, aber irgendwie zu nah dran.” So ganz klar ist das alles nicht, es geht irgendwie um einen Mantel (auf der Bühne heißt das dann Gewand – für 5‑Jährige? Naja, vielleicht kennen die das aus dem Fernsehen?), der dazu dient, die Eingeborenen wieder zum Tanzen zu bringen. Dann gibt es noch einen fiesen Krokodiljäger im Matrosenlook mit Handy (“sprechender Knochen”) und Radio, Technik, die die tumben Perückenträger wieder doof aussehen lässt. – Der fängt irgendwann später die Expedition mit Lilli und ihren neuen braunen Freunden in einem Loch, aus dem sich Lilli – auf völlig ungeklärte Weise – befreien kann, ihrerseits den Matrosenkrokodilfänger einsperrt und die Krokodile, die noch leben, freilässt. “Die Geschichte war so ein bisschen durcheinander. Ganz doof fand ich, dass der Mann die Falle gemacht hat, wo auch Menschen reinfallen können. Das Krokodil mit den Rädern gefiel mir und das Lilli die freigelassen hat, fand ich cool.” Finale, große Freude. “Der Schlusstanz war lustig, die Musik fand ich sehr schön, ist auch mehr so für den Urwald.” Lilli zaubert sich zurück, Ende.
Tja. Über die Altersvorgabe könnte man ein wenig intensiver nachdenken, (“Ich fand das es erst ab 7‑jährige war und das es eigentlich ein bisschen gruselig für 5 oder 6‑Jährige war.”). Aber ganz sicher muss da die Dramaturgie noch mal drüber, Handlung klären und vor allem mal drüber sinnieren, wer da so alles wie im Urwald rumläuft. Eigentlich schade. Aber der Film ist ja nicht abgedreht, am Theater kann man da ja noch was machen. Bitte!
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