K(l)eine Farce am Abend

Restau­rant Juwe­li­er, Wei­de­nallee 27

Die groteskeste Vorstel­lung, die ich je in der Gas­tronomie erlebt habe. Der Gas­traum halb beset­zt, ein reserviert­er Tisch für 4 für uns. Erster Ein­druck: Bis jemand kommt, dauert es. Dann kommt jemand, wirkt leicht ver­wirrt und nimmt die Bestel­lung für den Aper­i­tif auf. Tre­f­fer­quote des Gebracht­en: 50%. Kurze Rekla­ma­tion. Getränke wer­den aus­ge­tauscht. Naja. Kann ja mal passieren.

Offene Küche, die Besatzung müht sich, ab und an fall­en Teller mit Getöse zu Boden. Kann ja mal passieren.

Amuse geule. Ein grünes Nudel­häufchen. Ganz nett, aber nicht aufre­gend. Mein­er Mei­n­ung nach zu scharf. Die Kell­ner­in schlab­bert mit dem Rotwein und muss erst­mal über­legen, was sie zuerst macht. Kann ja mal passieren.

Vor­speisen. Dies­mal bekomm jed­er anscheinend das Richtige. Soweit alles in Ord­nung. Wir essen. Ganz nett, aber nicht aufre­gend. Ist ja aus­baubar. Meine Kichererb­sen­suppe ist etwas fade, die gegrill­ten Scamp­is ange­bran­nt. Kann ja mal passieren.

Der Nach­bar­tisch ist nun auch beset­zt. Über die Gespräche vergessen wir ein bißchen die Zeit. Ab und an schaut ein­er auf die Nach­bar­tis­che. Da wird ring­sum serviert. Pri­ma, denken wir, dann muss es ja gle­ich los­ge­hen. Nichts passiert. Mehrmals Wass­er nachbestellt, überse­hen kön­nen wir also nicht wer­den. Dauert ja manch­mal, wenn alles frisch gemacht wird. In der Küche ist Hochbe­trieb. Ab und an fall­en Teller mit Getöse zu Boden. Kann ja mal passieren.

Ungeduldiges Füss­eschar­ren bei uns am Tisch. Keine Haupt­speise bish­er. Alle anderen Tis­che, auch die Gäste die nach uns gekom­men sind, sind inzwis­chen abgeräumt. Wir sitzen noch vor den abgegesse­nen Vor­speisen­teller. Dann kommt jemand und räumt ab. Die Kell­ner­in kommt zurück. “Darf ich Ihnen noch ein Dessert anbi­eten?” Vier offene Mün­der star­ren die Dame an. Alle fas­sungs­los. Ver­wirrung bei der Belegschaft. Die junge Frau rauscht in die Küche, heftige Gespräche zwis­chen den Kol­le­gen. Der Bon ist ver­lorenge­gan­gen. Aha. Kann ja mal passieren. Darf aber nicht. In der Eck­kneipe bei der Bulette vielle­icht. Hier nicht. Nach­dem die Aufre­gung in der Küche sich gelegt hat, wird ver­sprochen, das Essen käme nun “ganz schnell”. Aha.

Einige Zeit später: “Nur noch 15 min.” Don­ner­wet­ter! Das Essen kommt. Alles ganz hüb­sch auf dem Teller, schmeckt. Iberi­coschwein auf Gemüse oder so heißt meins. Schwein gut gebrat­en, Gemüse nicht weich, recht ansprechend gewürzt. Aber … ganz nett … Das Dessert kommt tat­säch­lich zeit­nah zum Haupt­gericht. Hüb­sch bunt das eine (weisse Mousse mit Ing­w­er), unaufgeret das andere. (Schoko-Nusstarte). Naja. Ganz nett. Der ver­wirrte Kell­ner vom Anfang kommt nach dem Dessert. Obs denn noch ein Diges­tif sein darf. Was er so hat, weiß er nicht so wirk­lich. Wir bestellen 2x Aver­na, 1 x Mar­il­len­brand und 1x Cre­mant. Diges­tif kommt. Statt 2x Aver­na (Im Servier­lauf geflüstert: “Haben wir nicht”) kommt 2 x Rama­zot­ti. Kann ja mal passieren.

Schluss. Wir wollen gehen. Die Rech­nung wird gemindert, kann man ja auch erwarten. Entschuldigt hat sich nie­mand. Warum auch.

Faz­it: Ein angenehmer Abend mit grossem Unter­hal­tungswert. Das lag aber an den beteiligten Per­so­n­en am Tisch. Anson­sten: Grotesk.

P. S. Das Essen war OK. Kann ja mal passieren.

P.P.S. Da gehe ich doch lieber ins FuH. Preis­niveau ähn­lich. Aber Küche um Län­gen voraus. Und über den Ser­vice muss man da nicht reden.

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