Plattenläden sind eine feine Sache und es ist gut, dass es sie überhaupt noch gibt. Um den Plattenladen als “kulturelle Institution” zu feiern, wurde vor einigen Jahren die Plattenladen-Woche ins Leben gerufen. Mit Konzerten und einem Angebot an exklusiven Tonträger-Editionen, die es in limitierter Auflage zu erwerben gibt, sollen die Kunden in die Läden gelockt werden. So wie bei einem exklusiven Instore-Akustik-Konzert von Bela B. und Peta Devlin in Hamburgs ältesten Plattenladen, Michelle Records.
Da Bela B. wohl auch noch zu den ehrenwerten Menschen zählt, die einen Plattenladen aufsuchen, um sich dort mit neuer Musik einzudecken, setzt er sich auch dafür ein, dass diese Orte erhalten bleiben: “Plattenläden sind die Tempel meiner Religion, wenn man so will. Jeder sollte einen Lieblingsplattenladen haben! Einen Ort, wo man dich versteht, deinen Horizont erweitert, dir Begleiter für die Ewigkeit vermittelt. Ein Plattenladen ist manchmal treuer als dein bester Freund!”
Das aber auch ein Fan stets ein treuer Begleiter sein kann, das scheint bei Bela B. ohne Frage der Fall zu sein. Die Schaufenster-Konzerte haben bei Michelle Records schon eine lange Tradition, dass jedoch Fans bereits zwei Tage vor dem Konzert aus Rostock oder Wuppertal anreisen und vor dem Geschäft auf den Auftritt ihres Stars warten, das haben die Mitarbeiter dort wohl auch noch nie in diesem Ausmaß erlebt. Und dicht gedrängt zwischen den Plattenregalen hatte sich an diesem Freitag Nachmittag eine eigenwillige Schar versammelt, die durch alle Altersklassen reichte. Junge Mädchen hatten sich Katzengesichter aufgemalt, noch jüngere Mädchen mit Zahnspangen kreischten bei jedem Blick, den Bela in ihre Richtung warf “Er hat zu mir gesehen!” Bunt gekleidete junge Männer hatten Geschenke gebastelt, die sie ihm während des Auftritts auf die Bühne reichten.
Bela B. gab bei diesem Schaufenster-Gig den schnieken College-Cowboy, mit Stiefeln und blauer Strickjacke mit einem großen aufgestickten “B”. An seiner Seite strahlte das sympathische Cowgirl Peta Devlin, die ihn stimmlich und an den Saiteninstrumenten begleitete. Mit ihr und der Band Smokestack Lightnin‘ war er auch bereits im September und Oktober auf einer ausverkauften Clubtour unterwegs und so waren die beiden noch gut eingespielt. Da er aber nun auch ein großer und treuer St. Pauli-Fan ist, also hieß schon es vor dem ersten Song, “Wir müssen pünktlich aufhören, ich will noch ins Stadion!“, und los ging der kleine Ausritt auf der Country- und Americana-Welle.
Und ihm scheint aber die Rolle des Country-Sängers doch sehr zu gefallen. Neben eigenen Songs aus seinen Solo-Alben wurden auch zwei Coverversionen in dem kurzen Set untergebracht. Ein Duett von Conway Twitty und Loretta Lynn mit dem Titel “Your’re the reason our kids are ugly” und ein Song der hierzulande wenig bekannten Australier TnT “Everybody hates you when you’re popular”. Als die beiden den letztgenannten Song ankündigen, kommt aus dem Hintergrund der Hinweis, dass auch TnT schon einmal in genau diesem Schaufenster gespielt haben. Just to know.
Dass das Dichten von Songtexten aber nicht unbedingt zu seinen Stärken gehört, scheint Bela auch selber bewusst zu sein. Bei der Anmoderation zu dem Song “Altes Arschloch Liebe” erzählt er zur allgemeinen Erheiterung, dass er da wohl nicht so gut aufgepasst hat, als er die Zeile “Altes Arschloch Liebe, warum schmeckst du nur so süß” textete. Simple Zeilen à la “Aha, ich weiß, das ist nicht nice” eignen sich eben wunderbar zum Mitsingen.
Zwischen den Songs gibt es amüsante Plaudereien zwischen Peta und Bela, und er verteilt auf die Zurufe aus dem Publikum ein paar uncharmante verbale Seitenhiebe zurück an seine Fans. Doch die schienen es ihm nicht allzu übel zu nehmen. Und dann war man auch schon nach ca. 40 Minuten am Ende dieses Auftritts angelangt. Nein, noch nicht ganz, denn nachdem ihm die Zuhörer versprachen, ihn sofort nach dem Auftritt gehen zu lassen, spielten die beiden noch als Zugabe das Lied “Kleiner Streichholzmann”. Wohl auch als Vorgeschmack auf das im Frühjahr 2014 erscheinende Album, dessen Titel mit “B” anfangen wird – soviel verriet er noch.
Ein paar Beglückte konnten ihm dann doch noch auf die Schnelle ein Autogramm abringen, bevor er dann schnell in Richtung Millerntorstadion abdüste. Die Fans blieben beseelt zurück und man konnte dann endlich wieder das tun, wozu ein Plattenladen auch in erster Linie da ist: Eine Platte kaufen. Die 7″-Vinyl-Single von Bela B, die es nur während der Plattenladenwoche zu kaufen gab, wurde noch eifrig mitgenommen, aber kurz darauf war auch dieser Laden offline und das Konzert-Schaufenster dunkel.
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